Warum nutzen Ärzte Analogabrechnungen?

Oktober 2018

Können Sie sich noch daran erinnern, wann das Schaf Dolly, das erste geklonte Säugetier, geboren wurde? Es war im Juli 1996. Im selben Jahr wurden auch einige Kapitel der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) an die Entwicklungen im Gesundheitswesen angepasst. Seitdem sind 22 Jahre vergangen. Weitere Änderungen an der GOÄ, die die Grundlage für die ärztliche Abrechnung bildet, hat es seither nicht mehr gegeben.

Der medizinische Fortschritt ging allerdings ungehindert weiter. Deshalb erbringen Ärzte heute zahlreiche Leistungen, die nicht in der GOÄ abgebildet sind, beispielsweise die Hautkrebsfrüherkennungsuntersuchung oder die Tumorentfernung an der Prostata. In der GOÄ ist für solche Fälle eine Lösung vorgesehen: Die Leistungen können mit den Gebührenziffern vergleichbarer Leistungen aus dem Gebührenverzeichnis abgerechnet werden. In diesem Fall spricht man von einer Analogabrechnung, bei der verwendeten Gebührenziffer in der Regel von einer Analogziffer oder einem Analogabgriff. Gleiches sieht übrigens die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) vor.

Wann und wie kann Ihr (Zahn-)Arzt eine Leistung analog abrechnen?

Damit Ihr (Zahn-)Arzt analog abrechnen darf, müssen nach § 6 Abs. 2 GOÄ bzw. § 6 Abs. 1 GOZ verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein. Zum einen darf die betreffende (zahn-)ärztliche Leistung in keiner Form in der GOÄ bzw. in der GOZ enthalten sein. Zum anderen muss sie mit der für die Rechnung herangezogenen Leistung nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertig sein. Darüber hinaus muss es sich um eine selbstständige Leistung mit eigenständiger medizinischer Indikation handeln. Unselbstständige Teilschritte einer Leistung, neue Ausführungsarten ein und derselben Leistung und Ähnliches können deshalb wegen fehlender Selbstständigkeit nicht analog abgerechnet werden.

Beispiel: Der Einsatz einer computergestützten Navigationstechnik ist nach der Rechtsprechung des BGH aus dem Jahr 2010 bei Knie-Prothesen-Operationen nicht gesondert analog berechnungsfähig, da es sich hierbei nur um eine Ausführungsart einer auch ohne diese Technik durchführbaren Operation handle.*

Auf der Rechnung muss Ihr (Zahn-)Arzt die analoge Leistung

  • verständlich beschreiben,
  • mit der Nummer und der Bezeichnung der gleichwertigen Leistung aus dem Gebührenverzeichnis und
  • mit dem Hinweis „entsprechend“ versehen. (Der Hinweis „analog“ statt „entsprechend“ wird in der Regel ebenfalls akzeptiert.)

Darüber hinaus müssen auch bei einer Analogabrechnung alle Rechnungsvorgaben der GOÄ eingehalten werden. Dazu gehören z. B. die Angabe des Betrages sowie des verwendeten Steigerungssatzes.

Zusätzlich ist eine Kennzeichnung der Gebührennummer mit einem „A“ bzw. „a“ möglich, die die Analogabrechnung noch besser sichtbar macht.

Beispiel für eine korrekte analoge Abrechnung

Datum Nummer Leistungsbezeichnung Anzahl Steigerungssatz Betrag
11.09.2018 A 3286 Operation eines großen Leisten- oder Schenkelbruches oder Rezidivoperation eines Leisten- oder Schenkelbruches, jeweils einschließlich Implantation eines Netzes analog Nr. 3286 1 2,3 268,12 €

(Hierbei handelt es sich um einen ZKA-Beschluss, weshalb der Nummer ein „A“ vorangestellt statt „a“ angefügt ist.)

Gibt es Probleme bei der Analogabrechnung?

Grundsätzlich sind analoge Abrechnungen genauso erstattungsfähig wie Abrechnungen von in der GOÄ enthaltenen Leistungen. Sind die erbrachten Leistungen medizinisch notwendig, erstattet die PKV die Kosten im vertraglich vereinbarten Umfang. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der behandelnde Arzt oder Zahnarzt sich an die oben genannten Bedingungen hält. Häufig besteht Dissens zwischen PKV und Ärzten darüber, ob

  • die Leistung tatsächlich nicht in der GOÄ abgebildet ist
  • ob es eine selbstständige Leistung und kein Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung ist
  • ob die Leistung tatsächlich gleichwertig mit der herangezogenen Leistung ist.

Aus diesem Grund gibt der PKV-Verband eine Kommentierung zur GOÄ sowie eine Kommentierung zur GOZ heraus. Hierfür prüfen unsere Fachleute praxisrelevante Analogabrechnungen, bilden sie tabellarisch ab und kommentieren sie. Die Kommentierungen sind nicht abgeschlossen, sondern werden fortlaufend erweitert.

Zudem existieren gemeinsame Gremien mit Ärzte- und Zahnärzteschaft: Seit 1997 gibt es bereits den Zentralen Konsultationsausschuss für Gebührenordnungsfragen bei der Bundesärztekammer (ZKA), der sich aus Vertretern der Ärzteschaft, des Bundesgesundheitsministeriums, des Bundesinnenministeriums (für die Beihilfe) und des PKV-Verbandes zusammensetzt. Bundeszahnärztekammer, PKV-Verband und die Beihilfestellen von Bund und Ländern haben 2013, also nach der Novellierung der GOZ im Jahre 2012, für diesen Bereich das sog. Beratungsforum für Gebührenordnungsfragen eingerichtet. Der ZKA wie auch das Beratungsforum haben es sich zum Ziel gesetzt, Einvernehmen zu gebührenrechtlichen Auslegungsfragen zu erzielen und damit Streitigkeiten zwischen (Zahn-)Ärzteschaft und Kostenträgern zu verringern. Rechtlich gesehen sind die Beschlüsse zwar nicht verbindlich, sie genießen allerdings auf beiden Seiten eine hohe Akzeptanz. Wegen der gemeinsamen Bemühungen um eine neue GOÄ ruht  die Arbeit des ZKA.

Wichtig: Letztlich haben nur (Bundes-)Gerichte die Kompetenz, die Gebührenordnungen rechtsverbindlich auszulegen. Die Kommentierungen der PKV zu GOÄ und GOZ, die Beschlüsse des ZKA sowie die Abrechnungsempfehlungen der (Zahn-)Ärzteschaft sind lediglich Meinungsäußerungen.

Wie können Sie eine Analogabrechnung überprüfen?

Wenn Sie als Patient eine Analogabrechnung erhalten, empfiehlt es sich, die Analogziffer über die Suchfunktion in der Kommentierung zur GOÄ bzw. in der Kommentierung zur GOZ nachzuprüfen. Sieht der Kommentar die Analogabrechnung negativ, haben Sie verschiedene Möglichkeiten: 1) Sie können die Rechnung begleichen und es „darauf ankommen lassen“. 2) Sie können Ihren Arzt darauf ansprechen und um eine geänderte Rechnung bitten. 3) Sie können die Rechnung vor der Begleichung an Ihre PKV weiterleiten. Möglicherweise schätzt die PKV die Abrechnung anders ein als die Kommentierung und erstattet die Kosten. Dies dürfte zwar selten der Fall sein, verstärkt allerdings wiederum Ihre Argumentation gegenüber Ihrem Arzt.

Zudem besteht die Möglichkeit, die abgerechneten Leistungen in die GOÄ-Prüfsoftware einzugeben. Zwar können Sie die Korrektheit einer Analogabrechnung nicht nachvollziehen, allerdings können Sie die herangezogene Leistung des Gebührenverzeichnisses überprüfen, indem Sie das „A“ – sofern Ihre Rechnung dieses enthält – weglassen. Die für die GOÄ-Leistung geltenden Bedingungen sind nämlich auch bei der tatsächlich erbrachten Leistung zu berücksichtigen. Darf die ursprüngliche Leistung beispielsweise nur mit dem 1,8fachen Satz abgerechnet werden oder gibt es anderweitige Einschränkungen, gelten diese auch bei der Analogabrechnung.